Entfernungskilometer: So wird die längere Fahrtstrecke akzeptiert

Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind mit 30 Cent je Entfernungskilometer als Werbungskosten absetzbar (sog. Entfernungspauschale). Für die Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Allerdings wird doch eine längere Strecke akzeptiert, „wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und regelmäßig benutzt wird“ (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG).

Eine Straßenverbindung ist dann als „verkehrsgünstiger“ als die kürzeste Verbindung anzusehen, wenn Sie eine längere Straßenverbindung nutzen und auf diese Weise die Arbeitsstätte trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreichen. „Offensichtlich“ verkehrsgünstiger ist die gewählte Straßenverbindung dann, wenn ihre Vorteilhaftigkeit so auf der Hand liegt, dass sich auch ein unvoreingenommener, verständiger Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte.

Viele Finanzämter wollen eine längere Strecke mit mehr Entfernungskilometer nur dann akzeptieren, wenn die Zeitersparnis mindestens 20 Minuten pro Fahrt beträgt. Aber diese Bedingung ist kein Kriterium dafür, eine längere Wegestrecke abzulehnen. Sonst könnte ja bei einer Fahrzeit von 20 Minuten niemals eine schnellere Route in Betracht kommen. Vielmehr muss eine zeitliche Ersparnis im Verhältnis zur Gesamtdauer der Fahrt gesehen werden (BFH-Urteile vom16.11.2011, BStBl. 2012 II S. 520 und BStBl. 2012 II S. 470):

  • Die Fahrzeitersparnis sollte mindestens 10 % der für die kürzeste Verbindung benötigten Fahrzeit betragen.
  • Eine Strecke kann – außer der Zeitersparnis – auch dann „offensichtlich verkehrsgünstiger“ sein als die kürzeste Verbindung, wenn die längere Route bessere Straßen, weniger Ampeln, weniger Ortsdurchfahrten, weniger Verkehr usw. enthält. Deshalb kann eine „offensichtlich verkehrsgünstigere“ Straßenverbindung auch vorliegen, wenn nur eine relativ geringe oder gar keine Zeitersparnis zu erwarten ist, sich die Strecke jedoch aufgrund anderer Umstände als verkehrsgünstiger erweist als die kürzeste Verbindung.

Fahren Sie eine weitere Strecke bzw. eine Umwegstrecke aus gesundheitlichen Gründen, weil Sie beispielsweise wegen Höhenangst nicht über eine Hochbrücke fahren können, muss das Finanzamt auch diese Strecke akzeptieren. Die Fahrtkosten sind allerdings nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, selbst wenn der Amtsarzt die Angstzustände attestiert hat (FG Hamburg vom 24.3.2003, II 61/02, DStRE 2003 S. 968).

Eine längere Fahrtstrecke ist ebenfalls anzuerkennen, wenn die kürzeste Straßenverbindung über einen beschränkten Bahnübergang führt, an dem die Wartezeit bei geschlossener Schranke schwer vorherzusehen und einzuplanen ist. Die längere Route ist dann „offensichtlich“ verkehrsgünstiger (FG Sachsen vom 5.11.2012, 6 K 204/12).

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