Kontenabruf: Zulässig jetzt auch für Vollstreckungsbehörden

Mit Hilfe der automatisierten Kontenabfragen können die Behörden heimlich, still und leise feststellen, wer wo wie viele Konten und Depots hat, ohne dass dies Bürger und Banken erfahren. Seit dem 1. April 2005 haben die Finanzämter und Sozialbehörden die Möglichkeit, über das Bundeszentralamt für Steuern auf einen zentralen Datenpool aller Banken zuzugreifen und so ganz einfach per Mausklick festzustellen, bei welchen Banken in Deutschland ein Bürger Konten und Depots unterhält. Das ist das sog. Kontenabrufverfahren (§ 93 Abs. 7 und 8 AO).

Seit 2013 dürfen auch Gerichtsvollzieher das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) um einen Kontenabruf ersuchen, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder wenn bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Ein Kontenabruf ist dabei nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist (§ 802l Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

Bis November 2016 war der Kontenabruf nur zulässig, wenn die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 EUR betrugen. Ab 26.11.2016 ist diese Grenze gestrichen worden. Dadurch ist die Zahl der Kontenabrufe nochmals deutlich angestiegen.

Aktuell: Seit dem 6.7.2017 ist der Kontenabruf ebenfalls erlaubt für die Vollstreckungsbehörden des Bundes und der Länder, wenn der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht, eine Vermögensauskunft zu erteilen, nicht nachkommt. Gleiches gilt, wenn bei einer Vollstreckung in die Vermögensgegenstände, die in der Vermögensauskunft angegeben sind, eine vollständige Befriedigung der Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wird, voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Ebenso wie bei dem Kontenabruf durch Gerichtsvollzieher gibt es auch hier bei der Verwaltungsvollstreckung keine Mindestgrenze von 500 EUR (§ 93 Abs. 8 Satz 2 AO; eingefügt durch das „Gesetz zur Verbesserung der Sachaufklärung in der Verwaltungsvollstreckung“ vom 30.6.2017).

  • Mit dem neuen Gesetz werden für die Vollstreckungsbehörden im Wesentlichen die gleichen Sachaufklärungsbefugnisse begründet, die die Gerichtsvollzieher seit 2013 haben. Zur Ermöglichung des Gleichlaufs von zivilprozessualer und öffentlich-rechtlicher Vollstreckung auch im Bereich der Verwaltungsvollstreckung (Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen) werden nunmehr auch zugunsten der Vollstreckungsbehörden des Bundes und der Länder Übermittlungen von Kontoinformationen durch das Bundeszentralamt für Steuern zugelassen.
  • Die Abfrage ist nur möglich, wenn ein vollziehbarer Leistungsbescheid vorliegt. Wie bei § 802l ZPO setzt die Kontenabfrage voraus, dass der Schuldner die Abgabe der vorrangig einzuholenden Selbstauskunft verweigert hat oder sich diese als unergiebig erweist. Laut Gesetzesbegründung aber darf es „ein Ausufern der Kontenabrufe als Standardinformationsgewinnung nicht geben“. Dem wird durch die Subsidiarität gegenüber der Eigenauskunft Rechnung getragen.
  • Aufgrund dieses neuen Gesetzes mit der weitreichenden Eröffnung von Abrufbefugnissen bei der Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen rechnet das BZSt mit einem signifikanten Anstieg von Kontenabrufersuchen durch Städte, Gemeinden und kommunale Verbände. Zur Gewährleistung eines effizienten Erhebungsprozesses strebt das BZSt daher den nachhaltigen Ausbau der elektronischen Abrufmöglichkeit an. Das elektronische Kontenabrufverfahren wird über das BZStOnline-Portal bereitgestellt und garantiert eine gesicherte und verschlüsselte Übertragung der Daten zwischen den Bedarfsträgern und dem BZSt.

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