Müllabfuhr und Abwasserentsorgung: Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung abziehbar?

Für haushaltsnahe Dienstleistungen wird eine Steuervergünstigung in Höhe von 20 Prozent der Kosten, höchstens 4.000 EUR im Jahr gewährt (§ 35a Abs. 2 EStG). Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen gehören vor allem hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden und für die ein selbstständiger Dienstleister beauftragt wird. Die Kosten für die Müllabfuhr werden derzeit nicht als haushaltsnahe Dienstleistung berücksichtigt. Warum?

Die Finanzverwaltung stützt sich insoweit auf ein altes Urteil des Finanzgerichts Köln vom 26.1.2011 (4 K 1483/10, EFG 2011 S. 978 Nr. 11). Die Begründung soll darin liegen, dass die Hauptleistung nicht innerhalb der Grundstücksgrenzen der Steuerbürger ausgeübt wird. Die eigentliche Leistung sei nicht das Abholen des Mülls, sondern die spätere Entsorgung und Verwertung. Die Ausleerung sowie der Transport des Mülls seien nur unselbstständige Hilfsleistungen.

Aktuell hat das Finanzgericht Münster diese Sichtweise zwar bestätigt, aber ausdrücklich die Revision zugelassen, die auch bereits vorliegt (Urteil vom 24.2.2022, 6 K 1946/21 E, Rev. unter VI R 8/22).

Die Klägerin machte die Abgaben für die Müllabfuhr sowie für die Schmutzwasserentsorgung als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend. Das Finanzamt gewährte die Steuerermäßigung nach § 35a EStG nicht, weil die Entsorgungsleistungen außerhalb des Haushalts erbracht worden seien. Ferner könne der Zweck des Gesetzes, Schwarzarbeit zu bekämpfen, bei kommunalen Entsorgungsunternehmen nicht erreicht werden, denn die Beauftragung eines Dritten sei nicht möglich. Die Klage vor dem Finanzgericht wurde abgewiesen. Die geltend gemachten Aufwendungen sind nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen zu berücksichtigen.

Begründung: Haushaltsnahe Dienstleistungen seien nur solche, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung hätten bzw. damit im Zusammenhang stünden. Nach der Intention des Gesetzgebers sollen nur typische hauswirtschaftliche Arbeiten begünstigt werden. Nicht gefördert werden sollten dagegen solche Tätigkeiten, die üblicherweise nur von Dienstleistern erledigt werden.

Die Entsorgung von Müll und die Ableitung von Schmutzwasser werden typischerweise nicht von Haushaltsangehörigen erledigt. Die hierfür von der Gemeinde erhobenen Abgaben decken gerade nicht die von der Klägerin auf ihrem eigenen Grundstück erbrachten Leistungen wie das Sortieren des Mülls, Verbringen des Mülls in die Tonne, Bereitstellen der Tonne am Straßenrand und Öffnen des Wasserablaufs ab. Vielmehr handelt es sich um Aufgaben, die aufgrund ihres Umfangs typischerweise von den Kommunen übernommen würden.

Darüber hinaus erfolgen die Müllabfuhr und die Abwasserbeseitigung nicht „im Haushalt“ der Klägerin. Das Einsammeln und Befördern der Abfälle finden nicht auf ihrem Grundstück statt. Das bloße Bereitstellen der Tonne stellt nicht die Hauptleistung der Gemeinde dar. Gleiches gilt für die Entsorgung des Schmutzwassers, die frühestens ab der Einleitung in die städtische Kanalisation beginne.

 

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Die Revision wurde zugelassen, da bisher keine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Abzugsfähigkeit von Gebühren für die Entsorgung von Abwasser und Müll nach § 35a EStG vorliegt. Die Klärung der Rechtsfrage ist für eine Vielzahl von Haushalten von Bedeutung. Von daher sollten Sie die Kosten zunächst geltend machen, gegen ablehnende Steuerbescheide Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen, bis der Bundesfinanzhof entschieden hat.

 

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Zumindest in einigen Gemeinden gibt es bei der Müllabholung einen sogenannten Vollservice (zum Beispiel in Herten/Westf.). Das heißt: Die Restmüll-, Altpapier- und Biotonnen werden von den Mitarbeitern des Müllentsorgers vom normalen Standort der Tonne auf dem Grundstück bis an den Straßenrand gezogen und nach der Leerung zurückgebracht. In Herten/Westf. dürfen das bis zu 15 Meter sein.

Üblicherweise haben diese Gemeinden höhere Müllgebühren als andere Kommunen. Die bezeichnete Dienstleistung ist also in der Abfallgebühr enthalten. Sie stellt keine reine Nebenleistung dar und das Bereitstellen der Mülltonnen wird in den Fällen, in denen es keinen Vollservice gibt, üblicherweise von Haushaltsmitgliedern erbracht. Von daher müssten – wenn schon nicht die gesamten Kosten der Müllabfuhr -, so doch wenigstens die Kosten des Vollservices abgezogen werden dürfen.

Die Hertener Bürger haben übrigens im Rahmen einer Bürgerbefragung für die Beibehaltung des Vollservices gestimmt – trotz der höheren Kosten. Eine rein praktische Frage ist natürlich, ob der Arbeitslohn geschätzt werden darf, wenn er nicht gesondert ausgewiesen wird. Die Finanzämter lehnen eine Schätzung und damit einen Abzug zwar oft ab (BMF 9.11.2016, BStBl 2016 I S. 1213 Rz. 40), doch dann sollten Sie sich auf das BFH-Urteil vom 20.3.2014 (VI R 56/12, BStBl 2014 II S. 882) berufen